Südengland im Oktober

  • Da die alten Reiseberichte ja trotz des heroischen Einsatzes der Forumsleitung bislang leider weiterhin verschwunden bleiben dachte ich, es wird Zeit nach vorne zu schauen.

    Hier also der Versuch eines nigelnagelneuen Berichts über unsere Reise ins schöne Südengland. Bin ja mal gespannt, ob ich das mit den Bildern hinbekomme... =O




    Sonntag, 2.10.2022


    Es ist noch dunkel, als wir uns ins Auto werfen und aus dem Rheinland Richtung Calais starten. Das Wetter ist mehr so mittel, aber das kümmert uns nicht weiter – Urlaub!

    Es gibt inzwischen drei Möglichkeiten mit der Fähre von Calais nach Dover zu kommen – P&O, DFDS und Irish Ferries. Diesmal machen die Iren das Rennen, weil das Angebot preislich unschlagbar war. Jetzt haben wir alle drei Gesellschaften durch und waren bei keiner unzufrieden.

    Da wir wirklich gut durchgekommen sind, schaffen wir sogar eine Fähre früher als geplant. Das und die Stunde Zeitdifferenz zum Kontinent verschaffen uns Luft um den Nachmittag schon für einen Ausflug nutzen zu können. Läuft!


    Wir wollten diesmal mehrere Campingplätze ausprobieren, aber nicht weit fahren. Seit Anfang 2020 (also unmittelbar vor Corona, war ja klar) sind wir Mitglied im Caravan and Motorhome Club. Das kostet uns jährlich 60 GBP und wir finden alleine wegen der schönen monatlichen Mitgliederzeitung lohnt sich das. Und bislang konnte man auch die Campingplätze ohne Anzahlung buchen und – zur Not (siehe Corona) - wieder stornieren. Das geht seit kurzem leider nicht mehr, weil es wohl zu viele ausgenutzt haben.


    Unsere erste Station war denn auch der Fairlight Wood Caravan and Motorhome Club-Platz, nur rund 70 km von Dover entfernt. Die Anreisehinweise auf der Homepage des Clubs sollte man übrigens ernst nehmen, wenn man hier aus der falschen Richtung den Platz anfährt, kann das viele Nerven kosten.

    Fairlight Wood ist ein kleiner Platz im Wald zwischen Rye und Hastings. Geräumige Stellplätze, blitzsaubere Sanitäranlagen und Ruhe, Ruhe, Ruhe. Nachts konnte man die Käuzchen hören. Nur den Platz unter der Eiche, den hätten wir besser nicht gewählt. In der letzten Nacht kam verstärkt Wind auf und wir fühlten uns durch die fallenden Eicheln wie unter Beschuss.


  • Da wir noch einen Gutteil des Nachmittags zur Verfügung hatten, sind wir gleich mal nach Hastings gefahren, um uns an der Seafront umzuschauen.

    Bei überwiegend herrlichem Wetter genossen wir einen Spaziergang am Meer, schauten uns die auf dem Kiesstrand liegende Flotte der Fischerboote an und schlenderten bei der örtlichen Station der Seenotretter – Royal National Lifeboat Institution – vorbei. Die Türen standen offen, sodass man einen Teil der Station und des Geräts besichtigen konnte. Natürlich haben wir auch einen kleinen Obolus dagelassen und im Shop ein Souvenir gekauft.

    Die Familie hat auf einem schön angelegten Platz dann noch eine Runde Piratengolf gespielt, während ich nach einem kurzen Spaziergang eine Bank in der Sonne gekapert habe, um mir diese auf den Pelz scheinen zu lassen – also die Sonne, nicht die Bank.





  • Am nächsten Tag stand dann ein Ausflug nach Battle auf dem Programm. Dort soll sich 1066 jene berühmte Schlacht ereignet haben, bei der die Normannen unter Wilhelm dem Eroberer die Herrschaft über Britannien errungen haben.

    Spoiler: sieht man nichts mehr von. Aber an der Stelle soll zum Dank für den Sieg die Abtei von Battle errichtet worden sein.

    Ein Teil der Gebäude wird heute als Schule genutzt, andere Gebäude sind zu malerischen Ruinen verfallen.

    Der Hauptturm kann noch besichtigt werden, darin hat man auch allerlei Funde ausgestellt (absolut faszinierend, wie die Archäologen aus winzigen Fragmenten – zum Beispiel eines Bruchteils einer Brillenfassung - auf den gesamten Gegenstand schließen können). Vom Turm aus hatte man auch einen sehr schönen Ausblick über das Gelände und die Stadt.



    Die Familie ist dann zu einem Rundweg über das - mutmaßliche – Schlachtfeld gestartet, während ich die Zeit für ein wenig ernsthafte Fotografiererei genutzt habe. Endlich mal in Ruhe, ohne dass drei augenrollende Personen hinter mir verharren, während ich darauf warte, dass das Licht richtig ist (nicht, dass wir uns falsch verstehen: ich hab keine Ahnung vom Fotografieren. Ich mag nur gerne schöne Fotos und versuche daher immer wieder mein Glück).

    Ich war völlig allein in den Gemäuern und konnte nach Herzenslust Bilder machen.









    Beim Abendessen im Wohnwagen entfuhr mir übrigens spontan, dass dann ja 2066 der 1000. Jahrestag der Schlacht sein wird und dass das doch sicher lohnenswert sei. Woraufhin mein Ältester (er ist 17 und schon jetzt davon überzeugt, dass seine Eltern Greise sind) mich anschaut und ganz trocken fragt: „Mama, was denkst du eigentlich, wie lange du lebst?“ Ja gut, wird vermutlich tatsächlich knapp.

  • Da es noch früh war, sind wir von Battle aus noch weitergefahren zu den berühmten Gärten von Sissinghurst.

    Wir hatte uns vorab online einen Touring Pass des National Trust für 14 Tage bestellt, da einige unserer potentiellen Ausflugsziele vom National Trust geleitet werden. Eintritte können im UK schon mal ganz schön ins Geld gehen.

    Diesen Pass haben wir in Sissinghurst an der Kasse einfach abgeholt und ab da zählten dann die 14 Tage Gültigkeitsdauer.


    Sissinghurst ist ein schöne Gartenanlage, aber offen gestanden hatte ich mir mehr davon versprochen. Allerdings war natürlich auch Oktober, vermutlich hat die Anlage zu anderen Jahreszeiten ihren ganz besonderen Reiz.









  • Mein Lieblingscamper hat vor Jahren mal eine Folge „Mare TV“ gesehen, in der es unter anderem um die Romney Marshes und die Halbinsel Dungeness ging. Seither wollte er das mal live und in Farbe sehen. Die Marshes haben was vom ostfriesischen Fehngebiet und Dungeness ist ein … merkwürdiger Ort. Im Grunde eine Kieswüste mit angeschlossenem Atomkraftwerk, die aber ihren ganz eigenen, seltsamen Reiz hat.

    Eisenbahnfreunde interessiert vielleicht die Dampfeisenbahnlinie, die in Dungeness einen Haltepunkt hat und dort regelmäßig verkehrt.






  • Anschließend haben wir noch dem Örtchen Rye einen Besuch abgestattet: In Teilen England, wie aus dem Bilderbuch. Und weil es im Touring Pass inbegriffen war, haben wir auch Lamb House, das unter anderem vom Schriftsteller Henry James bewohnt gewesen ist, angeschaut. Die Räume sind im Stil der Zeit eingerichtet und wirken, als ob Henry James jederzeit die Haustür öffnen, Hut und Mantel ablegen und sich in einen Sessel vor dem Kamin setzen könnte..

    Übrigens: die Museumswärter an den Stätten des National Trust oder auch English Heritage sind häufig Freiwillige, die immer gern bereit sind, etwas zu erklären oder einfach nur ein Schwätzchen zu halten. Und sie freuen sich merklich, wenn man echtes Interesse für „ihr“ Museum zeigt.






  • Mittwoch, 5.10.2022


    Es geht rund 70 km weiter nach Brighton, auf den dortigen CAMC Platz. Da vor 13:00 Uhr keine Anreisen stattfinden sollen, konnten wir ganz gemütlich ausschlafen,frühstücken und abbauen. Man sollte sich übrigens wirklich an die Anreisezeiten halten, weil die Zufahrten zu den Campingplätzen häufig zu schmal für Begegnungsverkehr von zwei Caravans sind und/oder Möglichkeiten vor der Schranke zu warten nur begrenzt vorhanden sind. Zudem ist die Rezeption oft wirklich bis Punkt 13:00 Uhr für die Mittagspause geschlossen und schon zehn Minuten zu früh können für einen Rückstau von Caravans auf die öffentliche Straße sorgen. Und dann sind die Wardens echt angefressen, wie wir mitbekommen haben.

    Der Platz ist relativ groß, die Stellplätze sind geräumig und die Wege auf dem Platz gut ausgebaut.

  • Brighton selbst besteht aus einer kilometerlangen Strandpromenade mit angegliederter Stadt. Der Pier, mit seinen Fahrgeschäften, blinkenden Arkaden voller Münzschieber und Greifarmautomaten für Kinder (und Junggebliebene) und seiner viktorianischen Anmutung, war sehr interessant zu sehen.

    Malerisch ist auch der alte Pier.






  • Ich hatte das Glück zu Füßen des Aussichtsturms i360 auf eine Boutique mit sehr schöner Kleidung zu stoßen – sonst habe selten ein Erfolgserlebnis beim Shoppen im Urlaub.

    Das schöne am Verreisen außerhalb der Saison ist auch die größere Flexibilität. Wir hatten die Möglichkeit, noch kurz vor „Abflug“ Karten für die Fahrt zum Sonnenuntergang kaufen zu können.




    Wenn die Kapsel ganz oben auf dem Turm ist, befindet man sich angeblich auf dem höchsten Punkt von Sussex.

  • Von Brighton aus haben wir eine Tour zum Sheffield Park gemacht. Da diese Gartenanlage dafür bekannt ist, im Herbst besonders schön zu sein, muss man die Karten im Voraus reservieren.

    Der Wettergott meinte es wirklich gut mit uns – es war ein Herbsttag, wie er schöner nicht hätte sein können. Der Park erstrahlte geradezu in herbstlichen Farben und die bunt belaubten Bäume spiegelten sich auf der Oberfläche der Seen und Teiche wieder.

    Man konnte sich gar nicht sattsehen.










    Wir hatten eine frühe Ankunftszeit gebucht und der Park war auch noch angenehm leer gewesen. Als wir wieder fuhren, war der Andrang deutlich größer und die Autos mussten in einer Schlange auf einen freiwerdenden Platz warten, bevor sie auf den Parkplatz abbiegen durften.

  • Ebenfalls in einer Parkanlage, wenn auch deutlich bescheideneren Ausmaßes, befindet sich Preston Manor & Gardens, eine schön eingerichtete Villa im Edwardianischen Stil. Besonders interessant fand ich die Dienstbotenquartiere.







    Man beachte den aufmunternden Sinnspruch auf dem Herd.




    Bad Downstairs



    Bad Upstairs - mit beheiztem Handtuchhalter!

  • Und schließlich haben wir an einem weiteren wunderschönen Tag einen Ausflug in Richtung Seven Sisters gemacht. Die beeindruckenden Kreidefelsen hatten wir uns bei einer früheren Gelegenheit schon einmal aus der Nähe angeschaut, diesmal ging es um das besondere Panorama, das man von den Coastguard Cottages in Cuckmere Haven aus genießen kann. Ein Anblick, den vielleicht manche von euch schon mal in einem Reiseführer oder einer Zeitschrift gesehen haben.




    Und auch die Aussicht zur Landseite kann sich durchaus sehen lassen.



    Die Anfahrt ist am bequemsten, wenn man dem Navi als Ziel den South Hill Barn Car Park vorgibt. Da kann man gut sein Auto abstellen und von dort aus einen schönen Spaziergang machen oder gar eine ernsthafte Wanderung starten.

    Es gab dort übrigens auch einen Wagen mit hervorragendem Kaffee, heißer Schokolade und leckeren Kuchen.


    Zum Abschluss unseren Ausflugs sind wir noch im Tiger Inn in East Dean eingekehrt, ein schönes altes Pub mit einem schönen Biergarten, der ebenso wie der Rasen des angrenzenden Dorfangers, mit fröhlichen Biertrinkern gut besucht war.


  • Sonntag, 9.10.2022


    Nur 50 Kilometer trennten uns von unserem nächsten Ziel, dem Littlehampton CAMC in der Nähe von Arundel.

    Auch dieser Platz entsprach wieder völlig unseren Erwartungen, allerdings hörte man hier überraschend deutlich Verkehrslärm der nahen Straße, womit ich in der Lage nicht gerechnet hätte. Aber es war nicht so, dass es einen störenden Einfluss auf unseren Aufenthalt gehabt hätte.


    Über Arundel mit seiner hübschen Altstadt mit schönen Läden thront die Burg. Sieht aus wie tiefstes Mittelalter, ist aber nach historischen Maßstäben quasi ein Neubau.





  • Zunächst stand für uns aber Petworth House auf dem Programm. Ein Herrenhaus mit einer großartigen Kunstsammlung und einer weitläufigen Parkanlage, die vom berühmten Landschaftsarchitekten Lancelot „Capability“ Brown gestaltet worden ist – Wildpark inklusive.

    Im Haus beeindrucken zunächst die Kunstwerke. Namhafte Meister wie van Dyck, Bosch, Gainsborough und Turner sind dort vertreten. Wenn ich mich recht erinnere, waren allein über zwanzig Turner ausgestellt.












  • Zu den Bildern kommen unzählige Skulpturen. Oder, wie es eine der Mitarbeiterinnen ausdrückte: Wenn man von jeder Reise ans Mittelmeer mit einer neuen Statue zurückkommt, muss man halt irgendwann einen Flügel ans Haus anbauen.



  • Außerdem sehenswert: die Küchen. Deutlicher Plural. Neben einer riesigen Hauptküche mit einem Kamin, in dem ein Ochse am Spieß Platz fände, gab es kleinere Küchen für Patisserie und sogar für den Tee und die Zubereitung der Marmeladen.




  • Im Park dann spielen Beete und Gewächse eine eher untergeordnete Rolle. Da ist die Landschaft selbst der Star. Künstliche Seen, Wasserläufe und Hügel, uralte Bäume und das alles bei herrlichstem Wetter.







    Falls übrigens jemand weiß, was das für ein Gewächs ist, darf er mich gern erhellen.



    Die Blüten rochen so gut.

  • Nach den vielen hochherrschaftlichen Wohnstätten wollten wir uns wieder unters einfache Fußvolk mischen und haben das Weald and Downland Living Museum besucht.

    Ein Freilichtmuseum mit vielen - meist eingerichteten – Häusern und Katen aus den verschiedensten Epochen. Außerdem gab es eine Schmiede und eine Mühle, die für die Besucher betrieben werden.

    Das weitläufige Gelände bot schöne und interessante Eindrücke vom Leben auf dem Land durch die Jahrhunderte





    Der Abtritt sorgt übrigens gleich für die Düngung des Gartens - praktisch!



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